Auch unsichtbare Orte sind liebenswert

Bahnhöfe sind Orte der Begegnung und Orte der Anonymität zur selben Zeit.

Wir verbinden Bahnhöfe mit Romantik, mit Nostalgie, mit Abenteuerlust, mit Fernweh. Umso trauriger ist es, dass diese Orte, die wir mit so vielen Gefühlen verbinden und an denen wir uns so häufig aufhalten, meist so vernachlässigt werden.

Anstelle der Romantik weht uns der beißende Duft von Urin entgegen. Anstelle nostalgischer Eleganz sind Wände, Bänke und Böden mit Kaugummis und anderem Dreck überzogen. Anstelle von Abenteuerlust hat man einzig den Drang so schnell wie möglich von diesem Ort wegzukommen, der einem das Warten auf den Zug noch unerträglicher zu machen scheint.

Wieso fällt es den Menschen so schwer gerade die Orte, an denen wir uns so viel und lange aufhalten müssen, mit Respekt zu behandeln?

Wieso werden die Bemühungen, Orte schöner zu gestalten, so gleich wieder mit Füßen getreten und verschandelt?

Wieso verspüren so viele Menschen kein Verantwortungsgefühl gegenüber öffentlichen Orten?

Bahnhöfe und Bahnstationen könnten so wunderbare Orte sein, an denen man gerne warten würde. Orte, an denen man nicht gleich in Verzweiflung gerät weil man eine Stunde auf den Anschlusszug warten muss. Aber traurige Orte werden leider nicht gesehen. Sie werden unsichtbar hinter ihrer Schicht aus Schmutz und Vernachlässigung.

Also bleibt einem nichts anderes übrig, als die Augen zu schließen und sich diese Orte vorzustellen, bevor sie als nicht liebenswert erklärt wurden. Doch wer weiß… vielleicht wird es eine Zeit geben, in der ein kleines Loch in der Schmutzschicht entsteht und sich mehr Menschen ihrer Chance bewusst werden, unsichtbare Orte wieder in vollem Glanz erstrahlen lassen zu können.

 

Train stations are places of encounter and places of anonymity at the same time.

We associate train stations with romance, with nostalgia, with a sense of adventure, with wanderlust. It is all the sadder that these places, which we associate with so many feelings and where we spend so much time, are usually so neglected.

Instead of romance, the acrid smell of urine wafts toward us. Instead of nostalgic elegance, walls, benches and floors are covered with chewing gum and other dirt. Instead of a sense of adventure, the only thing you have is the urge to get away from this place as quickly as possible, which seems to make waiting for the train even more unbearable.

Why is it so difficult for people to treat with respect the very places where we have to spend so much time?

Why are efforts to make places more beautiful so immediately trampled on and disfigured?

Why do so many people feel no sense of responsibility toward public places?

Stations and train stations could be such wonderful places to wait. Places where you don’t immediately fall into despair because you have to wait an hour for the connecting train. But sad places are unfortunately not seen. They become invisible behind their layer of dirt and neglect.

So you have no choice but to close your eyes and imagine these places before they were declared unlovable. But who knows… maybe there will be a time when a small hole will appear in the layer of dirt and more people will become aware of their chance to make invisible places shine again.