Von Entzückung und Geschichten
Wenn man über einen Antikmarkt schlendert, wird man von den verschiedensten Entzückungslauten umgeben, als würde man einen Bauernhof besichtigen, auf dem überall frisch geborene Ferkelchen herumrennen. Die geblümten Milchkännchen, verzierten Zigarettendosen, bunten Hosenträger oder bestickten Spitzendeckchen bringen uns mit ihren verschwiegenen Geschichten zum Staunen, als würden sie mit weichen Erzählstimmen alles über sich erzählen, so wie früher der Großvater am Bett die Märchen vorgelesen hat. Sie bewegen uns mit ihren Geschichten. Die einen flüstern, die anderen tönen, manche raunen, andere wispern. Sie erzählen von Ländern, die sie bereist haben. Von Häusern, die sie bewohnt haben. Von Menschen, von denen sie gekauft, gepflegt und bewahrt wurden.
Aber es ist nicht nur ihre Vergangenheit, die uns so bewegt. Es ist auch ihr Auftreten. Die Dinge von früher sind uns so nah, weil ihre Gestaltung so nahbar erscheint. Es scheint eine Umsicht und Liebenswürdigkeit in ihren Formen, Verzierungen und Materialien zu liegen, die wir in den heutigen Dingen vermissen. Wenn ich vor dem Regal im Supermarkt stehe, erzählen die Produkte mir keine Geschichte. Sie sind dafür da gekauft, benutzt und weggeworfen zu werden. Heute berührt mich keine Kaffeedose mehr so sehr, dass ich sie mir als Dekoration auf die Kommode stelle.
Die Gestaltung, die wir als nostalgisch empfinden, ist eine ganz besondere, die heute von Funktionalität und Minimalismus überschattet und in ihrer dunklen Ecke übersehen wird. Aber wenn man zufällig eine Taschenlampe dabei hat, kann man sich auf Etwas freuen, das wie gemacht dafür ist, auf Kommoden seinen Platz zu finden und uns jeden Tag eine Geschichte zuzuflüstern.